Ein persönlicher Lebensabriss von Aspen Pittmann
Jaco war ein großartiger Mensch, er war immer lustig und für jeden Spaß zu haben. Er
war ein großer Sportfan und hat mich einfach in allem geschlagen, vom Basketball bis zum
Tischtennis. Seine Energie war umwerfend und schier unerschöpflich. Als Komponist,
Arrangeur und Musiker gehörte er zur Weltklasse, und er hat viel erreicht in diesem
kurzen Leben.
John Francis Pastorius wurde am 1. Dezember 1951 als Sohn eines
Jazzdrummers namens Jack Pastorius in Pennsylvania geboren. Seine Familie nannte ihn
Jacko. 1959, Jacko war damals 7, zogen sie nach Fort Lauderville. Es war eine katholische
Familie, aber Jacko war anders. Im Haus war immer Musik, aber Jacko fand Sport viel
interessanter. Und so war es auch seine Sportkarriere, die ihn auf indirektem Weg zum
Bassspielen brachte.
Am Anfang war er Drummer in einer Band namens The Las Olas Brass. Das
Geld für das Drum-Set hatte er sich durch Zeitungaustragen verdient. Mit dreizehn Jahren
brach er sich dann allerdings beim Fußball das Handgelenk; Schlagzeug konnte er fortan
nicht mehr spielen. Zur gleichen Zeit verließ damals der Bassist die Band. Er "hielt
es nicht mehr aus in diesem Land", so hat Jaco einmal erzählt, "weil sie
alle ständig high oder besoffen waren - außer mir. Ich habe mich da immer
raus gehalten." Zwei Wochen später spielte Jacko den Bass - sogar besser als sein
Vorgänger. Er war Autodidakt, und Anregungen für sein Bassspiel bezog er daraus, von
einem alten Kinderplattenspieler, den er einmal in einem Rice-Krispies-Wettbewerb gewonnen
hatte, Musik zu hören. Den Bass brachte das Gerät allerdings nicht rüber, nur den
Gesang und das Saxophon, das die Melodie spielte, und so imitierte er einfach das, was er
hörte. Jaco sagte später immer, er hätte nie geübt, aber das stimmt nicht ganz; sein
Bruder Greg erzahlt: "Alle saßen sie um den Fernseher herum, nur Jaco stand immer
genau davor, mit dem Bass in der Hand, und seine langen, gelenkigen Finger flogen über
das Griffbrett rauf und runter ... er war immer auf Trab."
Nachdem Jacko 1969 die High School erfolgreich abgeschlossen hatte - er
war zum begabtesten Schüler der Klasse gewählt worden -, machte er sich in den Clubs in
Südflorida einen Namen. Er spielte mit Bands wie Wayne Cochran and the C. C. Riders und
dem Peter-Graves-Orchestra. Er wandelte die Schreibung seines Namens um in Jaco -
"vielleicht, um ihn ein bisschen geheimnisvoller zu machen," so sein Bruder
Greg. Er hat sich nie nach den Erwartungen anderer gerichtet. Aus dem E-Bass, der bislang
als reines Rhythmusinstrument galt, machte er ein Leadinstrument, spielte Melodien mit
ihm, wie er sie auf seinem Kinderplattenspieler gehört hatte. Und er war ein begabter
Komponist. "Er war ein absoluter Trendsetter auf dem Gebiet des E-Basses," betonte
der Bandleader Peter Graves. "Jeder, der nach ihm E-Bass spielt, muss sich
irgendwie auf ihn beziehen." Er war kontaktfreudig, manchmal sogar übermütig,
und wirkte ermutigend auf andere Musiker. Er war außerdem sehr spirituell und führte
lange philosophische Gespräche mit Freunden; Jaco glaubte, dass sein Talent gottgegeben
war.
Obwohl Jaco im wesentlichen Autodidakt war, studierte er ein paar
Semester an der Universität Miami; es dauerte nicht lange, und er unterrichtete selbst
E-Bass. Zu seinen Klassenkameraden gehörten Pat Metheny, Steve Morse und der Pianist Mike
Gerber. "Als ich Jaco kennenlernte und mit ihm in Ft. Lauderdale arbeitete, war er
absolut clean und nahm überhaupt keine Drogen", sagte Whit Sidener, ein
Jazzlehrer an der Universität Miami, der in den frühen 70ern mit Jaco Saxophon spielte. "Er
lachte die Leute immer aus, wenn sie tranken", erinnerte sich Randy Bernsen.
1976 kam der Durchbruch für Jaco: Er tourte mit Blood, Sweat and
Tears. Er machte Plattenaufnahmen mit Joni Mitchell. Er veröffentlichte sein eigenes
Album, Jaco Pastorius, nur mit eigenen Kompositionen und wurde für zwei Grammies
nominiert. Er ging mit Herbie Hancock auf Tour und dann zu Weather Report, jener
Fusion-Band, durch die er am berühmtesten wurde. Die Arbeit mit Weather Report brachte
ihm denn auch einen weiteren Grammy ein. Jaco blieb fünf Jahre bei Weather Report, durch
seine Hilfe hat die Band ganz neue Dimensionen des Fusion erreicht. Keine andere
Hervorbringung der Fusion-Ära hatte eine ähnliche Wirkung wie Weather Report. Als Jaco
die Band 1982 verließ, bedeutete das für sie den Verlust der treibenden Kraft, die sie
zum Kochen gebracht hatte, und die sie meiner Meinung nach nie wieder
zurückerlangt hat.
Es war in dieser Zeit, als ich Jaco kennenlernte. Ich war damals
Marketingmanager bei Acoustic und für die Entwicklung neuer Produkte sowie für
Beziehungen zu Künstlern verantwortlich. Jaco hatte seit eh und je einen Fender Jazz Bass
und einen Acoustic 360 Bass Amp, und obwohl er immer wieder Endorsement-Deals angeboten
bekommen hatte, ist er nie umgestiegen. Acoustic hatte damals gerade die Produktion des
360 eingestellt und den 370 auf den Markt gebracht, Jaco mochte ihn aber nicht, und so
begannen wir, an einem neuen System, dem 320/408 zu arbeiten. Aber obwohl ihm dieses
System gefiel und er es auf einigen Touren einsetzte, stand er doch nie ohne seinen 360
auf der Bühne und benutzte beide für verschiedene Effekte während der Show. Jaco war
sehr eigen, was Endorsements anbelangte, er hat es nie nur des Geldes wegen gemacht,
sondern nur, wenn er wirklich hinter der Sache stand. Er hatte außerdem eine Abneigung
gegen den Hype im Business. Er bestimmte, welche Fotos veröffentlicht wurden (bzw.
versuchte es) und gab nur sehr selten Interviews. Als er Endorser für Acoustic war, gab
er sein erstes Interview überhaupt, und zwar aus moralischen Gründen. Er war aufrichtig
dankbar dafür, dass sein alter 360er Amp schon so lange ohne Probleme gelaufen war und es
ihm ermöglicht hatte, Tracy, seine erste Frau, und seine Kinder zu versorgen, und so
schien es ihm geboten, Acoustic seinerseits einmal einen Gefallen zu tun. Er arbeitete
dann zusammen mit unseren Ingenieuren und Designern an der Entwicklung neuer Produkte.
Was er allerdings gar nicht mochte, waren die Photosessions. Ich kann
mich erinnern, dass, als er sich bereit erklärt hatte, unsere Amps zu endorsen, wir eine
Menge Photographen beauftragt hatten, ihn für ein Poster und für Anzeigen zu
fotografieren, er dann aber nicht mit den Bildern einverstanden war. Stattdessen machte er
einen schwedischen Fotografen ausfindig, der auf Jacos letzter Europatournee Bilder von
ihm geschossen hatte, und bestand darauf, dass wir eins von diesen Fotos nahmen. Zwei
überflüssige Fotosessions, geplatzte Termine bei etlichen Magazinen - und das alles nur,
weil Jaco einen Fotografen haben wollte, den er für einen wirklichen Künstler hielt. Die
Buchhalter meiner Firma machten gerade keine freundlichen Gesichter dazu, aber das war mir
egal. Jaco hatte recht, die anderen Bilder waren viel besser; und wenn man auch nichtmal
die Amps darauf sehen konnte, diese Bilder waren einfach Kunst.
Jaco war in allem so. Er trieb einen an, mehr zu leisten, nur um mit
ihm Schritt halten zu können. Er konnte diskutieren über Musik, Kunst, Autos, Leute ...
aber immer mit Intensität, immer bis zum Extrem. Alles, was er tat, sollte so gut wie nur
möglich sein, und dieser Anspruch übertrug sich auf jeden, mit dem er zusammen war - ob
man zusammen Musik machte, Sport trieb oder einfach zusammen lebte. Und wenn es auch
einige Leute gab, die mit dieser Intensität nicht zurechtkamen - der Sache gereichte es
immer zum Besseren. Ich war bei vielen von Jacos Aufnahmesessions mit Weather Report und
Joni Mitchell dabei, Jaco nahm dann immer wie selbstverständlich die Dinge in die Hand.
Allein durch seine Intensität brachte er die Musiker dazu, sich anzustrengen. Und wenn
die Spannung dann ihren Höhepunkt erreicht hatte, war es wiederum Jaco, der die Situation
entkrampfte und die Leute zum Lachen brachte. Er konnte einen wirklich auf Touren bringen
und auch wieder Ruhe vermitteln. Mit Jaco wurde es nie langweilig. "Jaco ist einer
dieser Ausnahmemusiker," hat Joni Mitchell, die ja lange Zeit mit Jaco
zusammengearbeitet hat, einmal in einem Interview gesagt. "Selbst wenn es
verrückt schien, was er tat, hast du mitgemacht, nur um zu sehen, was passiert.
Nur durch diese Art von ihm kam das Mingus-Album zustande."
Da Jaco vielfach auch als co-producer tätig war (mit und
auch ohne Credits), übernahm er auch für seine eigenen Aufgaben fast immer selbst die
Verantwortung, egal mit wem er spielte. Eine Eigenart, die sich durch sein gesamtes
musikalisches Schaffen hindurchzieht. Da ich mehrmals die Möglichkeit hatte, Weather
Report auf ihren Tourneen zu begleiten, lernte ich Jaco gut kennen. Er begegnete mir stets
mit Wärme und Respekt, verschonte mich mit Rockstar-Allüren, wenn er auch
häufig und mit aller Ernsthaftigkeit behauptete, der beste Bassist auf der ganzen Welt zu
sein. Dem konnte ich nicht widersprechen, wahrscheinlich hatte er recht. In den folgenden
Jahren sollten ihn zwei nahmhafte Zeitschriften zum Bassisten Nr. 1 wählen. Und 1981
sollte er von Japans führender Jazz-Zeitschrift zum Musiker des Jahres erkoren werden.
In den frühen 80ern gründete Jaco die Word Of Mouth Band und brachte
ein Studioalbum mit eben diesem Namen heraus. Später machte er zwei Livealben mit der
Band; als Namensgeber beider Platten - Twins One und Twins Two - hatten wohl seine
Zwillingssöhne Felix und Julius von seiner zweiten Frau Ingrid fungiert. Die Word Of
Mouth Band war mein persönlicher Favorit unter all den Bands, mit denen ich ihn spielen
sah. Es war wirklich Jacos Band. Er hat sie zusammengebracht, die Musik für sie
geschrieben, und es irgendwie geschafft, eine Big Band knapp und dicht ertönen zu lassen.
Die Musiker bei Word Of Mouth waren die allerbesten: Peter Erskine an den Drums, Herbie
Hancock am Piano (nur auf Platte, nicht bei den Liveauftritten), Wayne Shorter, Michael
Brecker,Toots Thielemans, Hubert Laws, Don Alias und viele andere. Ich werde nie
vergessen, wie ich diese Band live im Dorothy Chandler Pavilion in LA spielen hörte. Eine
fünfzehnköpfige Horn-Section, Steel Drums, Harmonica (von keinem geringeren als Toots
Thielmans gespielt), und absolut keine Gitarre und kein Keyboard. Diese Band lässt
absolut keinen Zweifel an Jacos Kompositions- und Produktionstalent. Bleibt nur das
Bedauern darüber, dass die Band in diesem Lande nie die Anerkennung bekam, wie sie ihr in
Japan zuteil wurde.
Seine ganze Karriere hindurch ist Jaco ein echter Musiker geblieben,
der, wann immer er dazu aufgefordert wurde, von einem Moment auf den anderen auf die
Bühne sprang und losjammte - vorausgesetzt, er mochte die Band. Wo immer Musik war, da war
auch Jaco. Er konnte fast jedes Instrument spielen. Als er mich eines abends besuchte, war
er so von einer Mandoline, die ich hatte, angetan, dass er schließlich stundenlang darauf
spielte, während ich ihn auf der akustischen Gitarre begleitete. Er spielte wirklich gut
und ich fragte ihn anschließend, wie lange er denn schon spiele, da antwortete er "das
war das erste Mal." Ich erinnere mich an eine NAMM-Show in Anaheim; Jaco war auch
gekommen, um unser neues Bass System 320/408 zu promoten, und erfuhr, dass Peter Erskine
nebenan Promotion für Slingerland Drums machte. Wenige Minuten später hatten die beiden
ein Drum-Set auf unserem Stand aufgebaut und hoben zu einem dreißigminütigen Jam bei
voller Lautstärke an. Keiner dachte mehr an die Show - die Leute drängten sich um
unseren Stand, so weit ich sehen konnte; alle rockten sie zum Sound dieser beiden Jungs.
So etwas hatte es in den heiligen Hallen der NAMM-Show noch nie gegeben, und es hat sich
bis heute nicht wiederholt. Im folgenden Jahr hatte die Messeleitung Grenzwerte für den
Geräuschpegel festgelegt, und so ist es seitdem immer hübsch leise auf der NAMM-Show
gewesen ...
Jaco war schon in jungen Jahren berühmt - und auch in seinem Falle
blieben die damit verbundenen Probleme nicht aus. Ständig auf Tour, die Nervereien mit
dem Zoll, und ein paar Stunden später schon wieder auf der Bühne stehen, viele
freundliche Leute, die aber keine wirklichen Freunde sind oder die Familie ersetzen
könnten, die Einsamkeit eines Hotelzimmers, und die vielleicht frustrierendste Sache ...
dass seine Bedeutung als Neuerer des elektrischen Basses in seinem eigenen Land nicht
recht anerkannt wurde. Als Jaco zu Weather Report kam, trank er immer noch nicht und nahm
auch keine Drogen. Er fand, das würde nur sein Spiel beeinträchtigen. Schließlich fing
er aber doch an, und Jaco war kein guter Trinker. Manche Stories über seine Eskapaden
waren bald populärer als seine Konzerte. 1982 stürzte Jaco vom Balkon eines Hotels in
Italien; dabei zog er sich so einen komplizierten Armbruch zu, dass eine Eisenplatte
eingesetzt werden musste. Er stritt es immer ab, Probleme mit dem Alkohol zu haben. Darauf
angesprochen, pflegte er zu sagen: "Ich präsentiere mich ständig der
Öffentlichkeit, in einer Woche reise ich mehr herum als ein Durchschnittsmensch in seinem
ganzen Leben. Ich brauche nur zu niesen, und schon heißt es, ich nehme Kokain. Ich bin
weder Alkoholiker noch bin ich drogensüchtig. Ich bin Musiker."
Ein so großartiger Musiker Jaco auch war, so ist er doch nie mit jenem
Fluch fertig geworden, der über seinem Talent lag. Erst vor ein paar Jahren hat ein Arzt
ihm erklärt, er wäre schon sein ganzes Leben lang manisch depressiv, und dass zyklisch
auftretende Höhepunkte seiner Gehirnaktivitat die Ursache für seine kreative Kraft
seien. Der Arzt verschrieb ihm Tegretol; Jaco stellte die Einnahme des Anti-Depressivums
jedoch bald ein, da er fürchtete, dadurch seine Leidenschaft fürs Spielen zu verlieren.
Ich erinnere mich, wie Jaco 1985 nach LA kam, um mir bei einer Musikshow zu helfen, er war
gerade aus einem Detox-Center gekommen. Es war die Zeit, in der er dieses Medikament gegen
Depressionen nahm, und obwohl er technisch sehr gut spielte, fehlte ihm doch jegliche
Kreativität. So sehr ich es auch respektierte, dass er versuchte, sein Leben in den Griff
zu bekommen, vermisste ich doch den alten Jaco, der so viel mehr Leben in sich hatte. Jaco
hörte dann bald auf, Tegretol zu nehmen, und er wurde wieder ganz der alte, nur mit
seinem Lebensstil ging es bergab.
Die letzten Jahre waren traurige Jahre für Jaco, er hat nur noch wenig
gespielt oder aufgenommen. Er machte ein Album mit Steel Drums, sein Titel war Holiday
For Pans - allerdings konnte er kein größeres Label dafür gewinnen, denn obwohl es
ein wirklich gutes Album war, traute niemand Jaco zu, dass er auf Tour gehen, oder das
Album promoten würde. In New York City kam es dann noch härter: wegen seiner
gesteigerten Erregbarkeit wollte niemand mehr mit ihm zu tun haben, und so verbrachte er
oft die Nacht auf einer Parkbank - betrunken und gebrochen. Der dunkle Schleier lüftete
sich etwas, als Jaco Anfang diesen Jahres nach Florida zu seinen Freunden und seiner
Familie zurückkehrte. Jaco hatte Drogen und Alkohol abgeschworen und versuchte neuerlich,
wieder ein normales Leben zu führen. Er spielte ein paarmal mit seinem alten Freund Randy
Bernsen und sie sprachen davon, gemeinsam eine Platte zu machen. Aber dann kam Jaco wieder
ins Rutschen. Das erste Mal war er einen Tag lang betrunken, beim nächsten Mal waren es
zwei Tage. Danach war alles schon vorbei. Sein Bruder Greg sagte: "Ich war absolut
zuversichtlich, was war bloß passiert? Ich glaube, das weiß nur Jaco."
Am 12. September um 4.20 Uhr verweigerte man Jaco den Eintritt in den
Midnight Bottle Club in Wilton Manors. Als er begann, gegen die Tür zu treten, wurde er
von Clubmanager Luke Havan, der den schwarzen Gürtel in Karate hat, brutal
zusammengeschlagen. Obwohl Jaco sich schon nicht mehr wehren konnte, schlug Havan immer
weiter in sein Gesicht, und während einige Zeugen versuchten einzuschreiten, hörte er
immer noch nicht auf, obwohl Jaco bereits bewusstlos am Boden lag. Havan ging dann einfach
weg, und Jaco lag so mehr als vier Stunden auf der Straße in einer Blutlache, bis ihn
endlich jemand ins Hospital brachte. Jaco hatte einen Schädelbruch erlitten, die
Gesichtsknochen waren gebrochen und er hatte eine Lungenentzündung. Sein Gesicht war so
bis zur Unkenntlichkeit geschwollen, dass seine Mutter es nicht ertragen konnte, ihn zu
sehen. Jaco kam nicht wieder zu Bewusstsein; er lag neun Tage im Koma und ist am Montag,
den 21. September 1987, um 22.00 Uhr gestorben.
Jaco steht am Ende einer langen Reihe glückloser Genies, die von
Mozart über Charlie Parker bis zu Jimi Hendrix führt. Jaco hat immer gesagt, dass, als
Charlie Parker es mit dem Heroin schließlich drangab, es seinen Tod bedeutete: Der
Jazzgigant ist wenige Monate danach gestorben, Ich denke, Jaco sah genau die
Ähnlichkeiten und schlug genau den gleichen Weg ein. Jaco lachte immer darüber, wenn man
ihm sagte, er sei selbstzerstörerisch. Er sagte: "Die Leute kommen und sagen, ich
wäre selbstzerstörerisch und so. Aber ich bin nicht selbstzerstörerisch. Ich bin kein
Alkoholiker, ich bin nicht drogenabhängig, ich bin ein Party-er. Ich packe die
Gelegenheiten am Schopf."
Ich bin überzeugt, dass Jaco noch sehr viel mehr Musik in sich hatte.
Seine ganze Familie, sämtliche Freunde - alle haben sie in den letzten Jahren versucht
Jaco zu helfen, aber es reichte nicht aus. Jaco hat sich immer weiter von uns allen
entfernt, und jetzt ist er tot. Was geblieben ist, ist seine Musik, und sie wird noch
viele Jahre im Wirken von Komponisten und Musikern fortleben. Die Welt wird ihn vermissen
und in Erinnerung behalten - den Musiker Jaco Pastorius. Auch ich werde nie seine Musik
vergessen, am meisten werde ich aber den Menschen Jaco vermissen, denn Jaco Pastorius gab
es nur einmal auf dieser Welt. So oft ich auch schon geweint habe, seit Jaco gestorben
ist, so ist doch immer auch ein Lächeln geblieben. Jaco hat es immer verstanden, mich zum
Lachen zu bringen, und ich hoffe, er lacht jetzt auch.
PS: Mein Dank geht an Michael Knuckles (Jacos langjähriger Freund und
Manager) und Greg Pastorius (Jacos Bruder), die mir dabei geholfen haben, einen
wahrhaftigen Abriss von Jacos Leben zu geben.